Positionspapiere


Kormoran

Resolution der Fischereiverbände der Alpenländer für eine wirksame Reduzierung von Schäden durch den Kormoran

Die vorliegende Resolution ist an die jeweiligen politischen und behördlichen Entscheidungsträger der Alpenländer sowie an die EU-Kommission und das Europäische Parlament gerichtet.

Die Mitgliedsverbände der ARGEFA mit insgesamt über 500.000 Mitgliedern stellen fest, dass die Kormoranbestände in Europa auf ein Niveau angestiegen sind, das zentrale Gewässerbestandteile der Alpenländer stark beeinträchtigt. Der europäische Kormoranbestand ist höher als jemals zuvor. Die Vogelart ist im Gegensatz zu den von ihr bedrohten Fischarten nicht gefährdet und breitet sich seit Jahren in Gebieten aus, in denen sie als Brutvogel niemals heimisch war. Allein die zwischen 15.000 und 20.000 Kormorane im Alpenraum fressen im Winterhalbjahr geschätzte 1.400 bis 1.800 Tonnen Fisch. Hinzu kommen die verletzten und verendeten Fische. Kormorane verursachen folglich einen immensen wirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Schaden an der Fischfauna unseren Bächen, Flüssen und Seen sowie künstlichen Gewässern aller Art.

Sicherlich ist der Kormoran nicht der einzige Faktor, der die Fischbestände schädigt. Die Folgen der Wasserkraft und weiterer anthropogener Einflüsse haben die Bestände schon merklich vorgeschädigt, so dass der zusätzliche immense Fraßdruck durch den Kormoran nicht mehr verkraftet wird. Die Fischerei gibt jährlich Millionenbeträge aus (z.B. für Renaturierungsmaßnahmen und Fischbesatz) um fischereiliche Schadfaktoren zu minimieren oder auszugleichen.

Des Weiteren gibt es umfangreiche, selbst auferlegte fischereirechtliche Bestimmungen zum Fischartenschutz. Doch diese Bemühungen der Fischerei zur Hege und Erhaltung gefährdeter Fischarten werden durch den zunehmenden Fraßdruck zunehmend zunichte gemacht.

Im Alpenraum kommen in den sommerkalten und klaren Fließgewässern eine Reihe endemischer Fließgewässerfischarten und viele weitere naturschutzfachlich besonders bedeutsame Fischarten vor. Allesamt sind stark gefährdet und z.T. vom Aussterben bedroht.

Der Kormoran ist als Meeresvogel mit seinen ausgezeichneten Fähigkeiten zum tief tauchen gerade in den klaren Gewässern des Alpenraums besonders erfolgreich. Besonders in den Laichzeiten der typischen Flussfischarten (September bis Juni) sind die Kormoranzahlen in den Alpen nachweislich am höchsten. Die zu dieser Zeit meist unvorsichtigen Fische werden zur leichten Beute, da sie sich gesammelt an flachen Stellen aufhalten. Hinzu kommt, dass die typischen Fischarten im Alpenraum vergleichsweise geringe Reproduktionsraten haben und dadurch Kormoraneinfälle kaum ausgleichen können.

Die Möglichkeiten Abwehrmaßnahmen gegen den Kormoran ergreifen zu können, sind im Alpenraum von Land zu Land sehr unterschiedlich und meist zu restriktiv. Der Handlungsspielraum beschränkt sich auf unkoordinierte, meist regionale Abwehrmaßnahmen. Diese tragen örtlich zur Vergrämung und damit zur Schadensminderung bei Teichwirtschaften und freien Gewässern bei. Allerdings kann nur eine Reduzierung des europäischen Brutbestands an den Küsten und ein koordiniertes Vorgehen der Länder einen nachhaltigen Schutz der sehr bedrohten Fischbestände und der Fischerei sichern.

In der EU wird auf die Zerstörung der Gelege des Kormorans nur äußerst selten zurückgegriffen. Laut EU-Kommission wird nur ein sehr geringer Anteil der Kormorangesamtpopulation in Europa jährlich durch den Abschuss adulter Kormorane erlegt. Um die fischereilichen und naturschutzfachlichen Schäden auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, sind offensichtlich größere Eingriffe in die Bestände notwendig, wie dies bei andere Tierarten – die Schäden verursachen (z.B. Rehwild/ Schwarzwild versus Ökosystem Wald) – seit Jahren gängige Praxis ist.

Aus den besagten Gründen fordern die Mitgliedsverbände der ARGEFA ihre Heimatländer, das EU-Parlament sowie die Europäische Kommission auf, sich dafür

  • einzusetzen, dass der Kormoran in Anhang II der EU-Vogelschutzrichtlinie (jagdbare Tiere) aufgenommen wird,
  • die regionalen Möglichkeiten zur Vergrämung von Kormoranen erweitert werden,
  • damit sie effektiver werden, neben den lokalen Vergrämungsmaßnehmen auch nachhaltige Kormoranbestandskontrollen erfolgen, um einen nachhaltige Schutz der Fischbestände zu erzielen,
  • bestandsreduzierende Eingriffe in Brutkolonien des Kormorans fortgesetzt und deutlich intensiviert werden,
  • zeitnah ein gesamteuropäisches Management des Kormorans ergriffen wird,
  • ein europäisch koordinierter Langzeitmanagementplan etabliert wird, der die Kormoranbestände langfristig in die Kulturlandschaft integriert, ohne die Biodiversitäts-Ziele im Bereich der Fischarten zu gefährden.

 

Resolution Kormoran (pdf, 97.3KB), 2012

Resolution Cormorant (pdf,120.7 KB), 2012

Medienmitteilung Kormoran und Klimawandel (pdf). 2019

Wasserkraft

Resolution der Fischereiverbände der Alpenländer gegen den übertriebenen Ausbau der Wasserkraft

Die vorliegende Resolution ist insbesondere an die jeweiligen politischen und behördlichen Entscheidungsträger der Alpenländer sowie an die EU-Kommission und das Europäische Parlament gerichtet. Seitdem der Klimaschutz als politisches Ziel weltweit an Bedeutung gewinnt, herrscht ein regelrechter Wasserkraftboom. Gerade in den Alpenländern gibt es für den Neubau von Wasserkraftwerken eine Flut von Anträgen. Das große Gefälle in Verbindung mit dem Wasseraufkommen der Alpenregion kommt hier zum Tragen. Die Befürworter des Ausbaus suggerieren, dass der Strom aus Wasserkraft gerade im Hinblick auf die Diskussion bzgl. des Klimawandels umweltfreundlich sei. Die ökologischen und fischereilichen Schäden sowie die nachweislich sehr geringe CO2-Einsparung sind oft nicht bekannt oder werden bewusst verschwiegen. Im Alpenraum befinden sich derzeit weit über 10.000 meist kleinere Wasserkraftwerke. Der überwiegende Anteil dieser Anlagen (ca. 95%) produziert lediglich 10 % des durch Wasserkraft erzeugten Stroms. Der Anteil Wasserkraft an der Gesamtstromproduktion (AKW, Kohle, etc.) beträgt im Alpenraum je nach Region zwischen 20 und 100 %. In den Kernregionen der Alpen übersteigt die Produktion bei weitem den lokalen Bedarf. Durch vordergründig ökologisch ausgerichtete Förderprogramme versprechen bis dato energetisch unwirtschaftliche und somit nicht genutzte Standorte nun lukrative Gewinnmargen. Der viel gepriesene ökologische Vorteil ist dabei oft nicht gegeben. Die wirklich wirtschaftlichen Wasserkraftstandorte wurden bereits in der Vergangenheit erschlossen, wobei dafür nach heutigen Maßstäben erforderliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen trotz gesetzlicher Vorgaben meist nur unzureichend umgesetzt wurden. Fließgewässer gehören zu den ökologisch vielfältigsten Lebensräumen. Aufgrund ihrer Vernetzungsfunktion tragen sie zu einem wichtigen Austausch zwischen verschiedensten Lebensraumtypen und somit zur Sicherung der Biodiversität bei.  Aufgrund des aktuell hohen Ausbaugrads der Alpengewässer gibt es nur noch sehr wenige naturnahe, funktionsfähige Bäche und Flüsse. Diese naturschutzfachlich sehr bedeutsamen Lebensraumtypen „Alpine und voralpine Bäche und Flüsse“ sind daher hochgradig gefährdet.    Die primären Auswirkungen der Wasserkraftnutzung sind die Unterbrechung der stromauf und stromab gerichteten Durchwanderbarkeit, insbesondere für Fische. Essentielle Lebensräume wie z.B. Laichplätze werden oft nicht mehr erreicht, da der Wanderung Wasserkraftanlagen im Wege stehen. Es kommt zu lebensbedrohlichen Verletzungen bei der Passage von Turbinen, dabei treten drastische Sterblichkeitsraten auf. Ferner wirken sich Eingriffe in die Abflussdynamik1, den Geschiebehaushalt2 und die Gewässerstruktur3 signifikant auf den Fischbestand aus. Die erforderlichen Lebensräume4 sind durch die Wasserkraft meist qualitativ und quantitativ massiv beeinträchtigt und z.T. gänzlich vernichtet. Diese Beeinträchtigungen haben in den letzten Jahrzehnten maßgeblich zum Rückgang der alpentypischen Fischbestände beigetragen, so dass alle fließgewässerliebenden Fischarten auf den Roten Listen gefährdeter Tierarten stehen. Fische gehören im Alpenraum damit zu den gefährdesten Tiergruppen überhaupt.

Aus den besagten Gründen fordern die Mitgliedsverbände der ARGEFA mit insgesamt über 500.000 Mitgliedern

  • den Stopp des Neubaus von Kleinwasserkraftwerken im Alpenraum,
  • den Erhalt der letzten unverbauten Strecken,
  • die Modernisierung und Effizienzsteigerung bestehender Wasserkraftwerke anstelle von Neubauten,
  • die Festsetzung von ökologischen Auflagen bei auslaufenden Bewilligungen wie z.B. Bau von Fischschutzvorrichtungen und Wanderhilfen, Reduzierung des Schwellbetriebs, Erhöhung der Restwassermengen, Management des Geschiebehaushalts,
  • die entsprechende Anpassung laufender Bewilligungen an aktuelle ökologische Rahmenbedingungen und rechtliche Vorgaben (WRRL, Natura 2000, Naturschutzgesetze…),


1 Schwell- und Pumpspeicherbetrieb, Restwasserabgabe…
2 Geschieberückhalt an Stauanlagen, Stauraumspülungen…
3 Stauhaltung, Kanalisierung…
4 Laichplätze, Brut- und Jungfischbereiche…

Resolution Wasserkraft d (pdf), 2012

Resolution Hydropower engl. (pdf), 2012

Restwasser

Fischereiverbände der Alpenländer fordern Regierungen auf, die für den Lebensraum Gewässer notwendigen Restwassermengen sicherzustellen

Die Flüsse der Alpen leiden unter Wasserausleitungen zur Energieerzeugung aus Wasserkraft oder zu Beschneiung von Skipisten. Die internationale Arbeitsgemeinschaft der Fischereiverbände im Alpenraum (ARGEFA) fordert deshalb mehr ökologisches Verständnis und Zurückhaltung bei der Nutzung des öffentlichen Guts „Fließgewässer“. 

Die in allen Mitgliedsländern der ARGEFA zu beobachtende Unterschreitung der vorgeschriebenen Restwasserabflüsse gefährdet die Gewässerökologie in hohem Maße. Häufig wird das Wasser für die Wasserkraftturbinen über lange Strecken aus dem Fluss ausgeleitet. Im eigentlichen Flusslauf bleibt oft nur ein kümmerlicher Rest oder gar nichts zurück – zu wenig für Fische und andere Wasserlebewesen. Vielerorts sind zwar bestimmte Restwassermengen vorgeschrieben. Die Nutzung des öffentlichen Guts „Wasser“ wird in der Praxis aber so gut wie nicht kontrolliert. 

Die Triebwerke mit den heute üblichen Turbinen sind zudem sichere Todesfallen für die Fische. Dieser Zustand ist unvereinbar mit dem europäischen Ziel des guten ökologischen Zustands der Gewässer und dem Tierschutz.

Warum ist Restwasser so wichtig?

So wie der menschliche Körper immer eine ausreichende Menge Blut braucht, damit der ganze Organismus funktioniert, ist jeder Bach und Fluss dauernd und an allen Stellen auf eine ausreichende Menge Wasser angewiesen – sonst kollabiert der Lebensraum Gewässer mit seiner reichhaltigen Fauna und Flora. Und nicht zuletzt ist Wasser ein lebenswichtiges Element für Mensch und Tier. Über 50% der Artenvielfalt lebt am und im Wasser. Durch die Verringerung der Gewässeroberfläche und benetzten Fläche wird der Lebensraum der Kleinstlebewesen und Nährtiere zerstört und somit das Nahrungsangebot für viele Arten stark beeinträchtigt und reduziert.

Gerade in Bayern stehen 2014 hunderte Wasserrechtsbescheide zur Verlängerung oder Neubewilligung an. Der LFV Bayern verlangt von der Staatsregierung, hier mehr Verantwortung für die heimischen Gewässerlandschaften zu übernehmen und so dem Verfassungsauftrag, die natürliche Lebensgrundlage zu schützen, zu entsprechen.

Hintergrundinformation zur Situation in einigen Alpenländern:

Bayern: Eine neue Studie (erhältlich unter www.lfvbayern.de) des Landesfischereiverbands Bayern belegt die mangelnde Einhaltung von Restwassermengen beim Betrieb von Wasserkraftanlagen. Von den stichprobenartig untersuchten Restwasserstrecken wurde in mehr als der Hälfte der Fälle eine Unterschreitung behördlich vorgegebener Mindestwerte festgestellt. Die Werte lagen oft in einer Dimension, die den Begriff „Gewässerlebensraum“ fraglich erscheinen lassen.

Südtirol: Bei über 1.000 Wasserkraftanlagen mit beinahe ausschließlich Ausleitungskraftwerken muss der Landesfischereiverband Südtirol leider immer wieder mittels eigener Messungen feststellen, dass die Restwassermengen teils nur unzureichend eingehalten werden, vor allem bei kleineren Anlagen. Zudem nutzen große Kraftwerksbetreiber gesetzliche Schlupflöcher, um innerhalb eines Kraftwerks-Einzugsgebiet mit mehreren Fließgewässern die Restwassermengen variabel auf einzelne Gewässer aufzuteilen. Dies führt in stark genutzten Gewässern zu erheblichen Schäden an der Ökologie und der Fischerei.

Österreich: Derzeit gibt es mehr als 2.500 Restwasserstrecken in Österreich, die aufgrund einer geringen verbleibenden Abflussmenge eine signifikante Belastung für die Fließgewässer darstellen, sodass die gewässertypspezifische Gewässerbiozönose wesentlich beeinträchtigt ist; sie sind fast ausschließlich auf Ausleitungen im Zuge einer Wasserkraftnutzung zurückzuführen. Davon sind ca. 10% des österreichischen Fließgewässernetzes betroffen.

Schweiz: Seit 1975 ist die Sicherung angemessener Restwassermengen in der schweizerischen Bundesverfassung verankert. Aufgrund einer vom Schweizerischen Fischerei-Verband  lancierten Volksinitiative wurden 1992 gesetzliche Restwasservorschriften erlassen. Die Kantone wurden verpflichtet, die nötigen Sanierungen bis 2012 durchzusetzen. Nach Ablauf dieser Frist gaben jedoch von ursprünglich gegen 900 sanierungspflichtigen Anlagen immer noch rund 400 kein oder zu wenig Restwasser ab.

Slowenien: Auch in den slowenischen Flüssen ist die Restwassersituation dramatisch. Gerade an den kleinen Wasserkraftanlagen wird meist fast das gesamte Wasser ausgeleitet und ein ökologischer Mindestwasserabfluss wird nicht respektiert. Ein entsprechendes amtliches Dekret wird von den Betreibern meist ignoriert und von Amtswegen nicht kontrolliert.

 

Positionspapier Restwasser_d_2014 (pdf)